Typ Englischlehrer an deutschen Gymnasien vor 30 Jahren

Englischlehrer an deutschen Schulen haben vor 30 Jahren vielen Schülern den Spass am Englischlernen gründlich verdorben – mit fatalen Folgen für die heutige globale Arbeitswelt.

Welcher Typ Englischlehrer hat Ihnen das Englischgrausen vor gut 30 Jahren beigebracht?
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht – aber ich hatte doch tatsächlich das Horrorkabinett von Englischlehrern. Gleich ab der 7. Klasse war der spielerische Umgang mit einer Fremdsprache, Englisch, vorbei. Erst biss sich eine Referendarin von dem Typ zu schüchtern, zu unsicher, zu verängstigt ihre vorstehenden Zähne an unserer – zugegeben nicht einfach zu lenkenden Klasse – aus.
Mit dem unglaublichen Resultat: wir waren unsere halsstarrige „Giraffe“ nach 1 Halbjahr wieder los., so nannten wir das verängstigte blasse Wesen, bezeichnend für ihre zu langgeratene Statur mit langem Hals. Sie verabschiedete sich tränenüberströmt aus dem Schuldienst. Ein halbes Jahr hatten wir keinen Englischunterricht. Lehrermangel war das magische Wort damals.

Zum 8. Schuljahr kam Frau Grusel, die Schulleitung persönlich. Nicht nur uns, sondern auch unserem Klassenlehrer brachte sie das Fürchten bei. Streng, diszipliniert, auf Zack mit dem präzisen britischen Akzent und einem Kostüm, wie man es bei einer Engländerin zu jener Zeit erwartete. Allerdings war sie nicht Engländerin, sondern sie ahmte ihre Vorstellung einer eleganten Engländerin nach. Sie sollte 6 Monate versäumten  Englischunterricht mit uns nachholen. Dass viele von meinen Mitschülern dabei auf der Strecke blieben, ist nicht verwunderlich.

Meine Englischkarriere zu Schulzeiten ist nicht außergewöhnlich. Auch Sie können sicherlich haarsträubende Geschichten erzählen, was und wer Ihnen den Spass beim Englischlernen so richtig gründlich verdorben hat. Viele meiner Englischteilnehmer haben mir ihre tragischen Gehversuche geschildert. So viele Dramen an deutschen Schulen.

Aber ich  brauche kein einziges Beispiel meiner Kunden – aus 18 Jahren Berufserfahrung – heranziehen. Meine unglaubliche Begegnung mit Englischlehrern hatte doch erst begonnen.

Ab der 9. Klasse kam dann Herr Speichel. Wieder ein deutscher Lehrer, der sich von seiner gesamten Persönlichkeit wieder sehr britisch gab  und wieder direkt von der Schulleitung. Wir Schüler machten uns darüber lustig, dass der britische Einfluss so weit ging, dass wir besser bei seiner Aussprache Regenschirme zum Schutz aufspannen sollten. Zumindest ist es nicht übertrieben, dass wir Schüler in der vorderen Reihe, hin und wieder einige Regenspritzer „th“ abbekamen. Widerlich, kann ich Ihnen sagen. Das führte dann dazu, dass viele meiner Mitschüler freiwillig auf das „th“ verzichteten. Ein grober Fehler.   Nehmen wir einmal das Wort mouse –mouth ,

Was noch anmaßender war: unser Englischlehrer verdonnerte uns dazu, die Fernsehserie „Dallas“ wöchentlich als Hausaufgabe zu schauen, um dann von all den Intrigen zu berichten. Das gehörte seiner Meinung nach zur amerikanischen Kultur dazu.

Und das Thema Hörverstehen haben Sie vielleicht auch noch in unschöner Erinnerung. In unserem Fall durften wir eine ganze Klassenarbeit zum Thema Hörverstehen schreiben. Wie das in der Praxis aussah – ein knarrender, krächzender Kassettenrecorder von der Marke „nur für den Hausgebrauch“ wurde vorne auf den Tisch gestellt und wer von uns in der hintersten Reihe nur die Hälfte – wenn überhaupt – akustisch mitbekam, hatte eben Pech gehabt bzw. eine 5 oder 6 als Schulnote einkassiert.

Mit einem Wohn – und Schulwechsel war leider die Englischlehrertortur noch nicht durchgestanden. Zur Abwechslung bekamen wir eine Lehrerin: britisch anmutend, lang, streng, frustriert. Typ alte Jungfer, wenn Sie sich vielleicht daran erinnern, wie die Zeiten in den 80er so waren.

Erst in der Oberstufe konnte ich aufatmen. Lässige junge Lehrer, die Wert auf flüssiges Sprechen und Schreiben legten und Fehler auch einmal Fehler sein lassen konnten, brachten Erleichterung. Am Ende meiner Schulkarriere machte ich einmal die Bemerkung gegenüber meiner Freundin: „hätte ich meinen letzten Englischlehrer aus der Oberstufe früher gehabt, wäre ich doch glatt auf die Idee gekommen Englisch zu studieren.“

Ich hatte also Glück gehabt. Wie sich im Nachhinein herausgestellt hat. Der erste Samenkorn war gesät. Doch meine Englischkarriere wurde für zwei volle Jahre unterbrochen. Zu tief saß die Unlust und der Unwille gegenüber der anglo-amerikanischen Kultur im Allgemeinen und der britischen im Besonderen.  Mir hat gereicht, was ich da in der Schule an Einblick in die anglo-amerikanische Kultur bekommen hatte. So dachte ich und konnte mir ein Anglistikstudium nicht mehr für mich vorstellen.

Liebe Leser, ich möchte Sie bitten, sich auch daran zurückzuerinnern. Ich nehme an, auch Ihr Stachel sitzt tief. Nur irgendwann haben Sie bestimmt einmal den einen oder anderen Lichtblick im Lehrerkarussell erlebt. Erinnern Sie sich bitte daran. Denn hier haben Sie den Aufhänger, um mit neuem Elan und Spass an die Sache heranzugehen.

Konsequenterweise widmete ich die nächsten 2 Jahre mit größter Inbrunst den romanischen Sprachen. Spanisch, Portugiesisch, Italienisch – welch schöne gestenreichen emotionalen Sprachen. Hier fühlte ich mich zu Hause. Sprachenlernen hatte übrigens rein gar nichts mit meinem Studium zu tun. Ich studierte Germanistik und Publizistik. Aber irgendwie fand ich all das Theoretisieren von abstrakten Texten bis hin zu Althochdeutsch nicht so erquickend. All meine freie Zeit widmete ich – aus welchem Grund auch immer – den romanischen Fremdsprachen. Englisch hatte ich mittlerweile ad acta gelegt, versteht sich.

Dennoch oder gerade deswegen bin ich letztendlich Englischlehrerin geworden. Habe aber auch schnell für mich entdeckt, lieber hinter den Schulkulissen tätig zu sein.

Meine Englischteilnehmer aus Fach- und Führungsetagen haben eine andere Berufskarriere eingeschlagen. Die Mehrzahl von ihnen erzählt mir im Vorgespräch am Telefon von ihren Horrorerinnerungen aus dem Englischunterricht. Wie fatal dies in unserer globalen Arbeitswelt ist, bleibt der breiten Öffentlichkeit verborgen.

Infos für: Englisch für Ängstliche – Einzelcoaching – in 5 Tagen fit

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